Auf Einladung des Ausschusses für Tourismus im Deutschen Bundestag nahm die Finanzvorständin des Deutschen Reiseverbandes (DRV) und Geschäftsführerin der LCC Niederrhein GmbH mit fünf Reisebüros, Dr. Ute Dallmeier, an der heutigen Sitzung des Ausschusses in Berlin digital teil. Eine der zentralen Forderungen von Dallmeier in Richtung Politik bezieht sich auf die Schlussabrechnungen der Corona-Überbrückungshilfen: „Die Wirksamkeit der gewährten Überbrückungshilfen während der Pandemie darf jetzt nicht durch zu restriktive Auslegungen der Finanzbehörden geschmälert werden.“ Durch die Hilfen sei die Struktur der überwiegend mittelständisch geprägten Reisewirtschaft gesichert worden. Ohne diese staatlichen Hilfen hätte es radikale Marktveränderungen und einen herben Verlust von klein- und mittelständischen Unternehmen gegeben. „Daher bitten wir Bundestag und Bundesregierung auch im Kontakt mit den Bundesländern darauf hinzuwirken, dass eine unterschiedliche Verwaltungspraxis in den Ländern nicht nachträglich zu Wettbewerbsverzerrungen führt.“
Deutliche Erholung bei Geschäftsreisen
„Aktuell sehen wir bei Geschäftsreiseneine deutliche Erholung der Nachfrage. Der Nachholeffekt durch nicht mögliche Geschäftsreisen während der Pandemie ist erkennbar“, erläutert Ute Dallmeier vor dem Ausschuss. Inwiefern sich diese erfreuliche Entwicklung in einem stabilen Trend fortsetzen könne, sei von diversen Faktoren abhängig. „Geographisch großflächige Reisewarnungen, wie sie in der Vergangenheit von der deutschen Regierung ausgesprochen wurden, müssen zukünftig unterbleiben“, so Dallmeier. „Planungssicherheit ist insbesondere für Geschäftsreisende und Firmenkunden von großer Bedeutung.“
Großer Nachholbedarf auch bei Urlaubsreisen
Die Menschen möchten wieder reisen, nachdem die Reisemöglichkeiten während Corona stark eingeschränkt waren. In ihren Büros seien insbesondere Fernreisen nach Australien, USA und Kanada, die sehr lange, sehr strenge Einreisebestimmungen hatten, besonders gut nachgefragt. „Auch wenn wir noch unter den Buchungszahlen von Vor-Corona liegen, sehen wir doch seit Ende Dezember ein Anziehen der Urlaubsbuchungen“, schildert Dallmeier die Situation. „Das ermöglicht auch im Leisure-Segment einen vorsichtigen Optimismus für dieses Jahr.“
Weltpolitik Herausforderung für die Reisewirtschaft
„Die aktuelle weltpolitische Lage mit ihren wirtschaftlichen Auswirkungen, zeigt sich auch in der Reisewirtschaft“, so die DRV-Finanzvorständin. „Insbesondere bei Familien mit Kindern merken wir noch ein zurückhaltendes Reisebuchungsverhalten.“ Der Krieg in der Ukraine, die stark gestiegenen Energiepreise und die weiterhin hohe Inflation belaste die verfügbaren Haushaltseinkommen und führe zu Unsicherheit bei den Reiseplanungen.
Demographie, Digitalisierung, Dekarbonisierung
Zukünftige Herausforderungen sieht Ute Dallmeier darüber hinaus gerade auch für kleine und mittelständische Unternehmen in den sogenannten 3D: Demographie, Digitalisierung, Dekarbonisierung.
„Der Fachkräftemangel, der aufgrund der demographischen Entwicklung ohnehin in allen Branchen eines der Hauptthemen ist, verschärft sich im Reisebüro durch die steigende Komplexität bei der Vermittlung von Reisen“, so Dallmeier. Hierzu zählten auch regulatorische Auflagen wie zum Beispiel durch die EU-Pauschalreiserichtlinie, die es erforderlich machten, vor der eigentlichen Beratung ausführlich über den Rechtscharakter der Reise zu sprechen.
Um als Unternehmen weiterhin erfolgreich agieren zu können, müssen Prozesse digitalisiert werden. „Dies erfordert aber gleichzeitig Investitionen, die gerade kleinere Betriebe aufgrund eines geringen Betriebsergebnisses oft nicht leisten können“, erklärt Ute Dallmeier.
Gleichzeitig betont die Fachfrau, dass die gesellschaftlich wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Reiseangeboten durch die Reisewirtschaft umgesetzt werden muss. „Das ist nur durch Eigenverantwortung, Aufklärung und noch stärkere Sensibilisierung der Reisenden möglich.“