--- Es gilt das gesprochene Wort. ---
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlich willkommen zu unserer gemeinsamen Pressekonferenz. Wir freuen uns, Ihnen heute die Studienergebnisse zum deutschen Kreuzfahrtmarkt 2017 zu präsentieren. Zum Auftakt möchte ich die Kreuzfahrten in den deutschen Reisemarkt allgemein einordnen.
Das Reisejahr 2017 war für uns ein überaus positives Jahr. Die Deutschen sind mehr gereist und haben auch mehr Geld für ihren Urlaub ausgegeben. Organisierte Reisen verzeichnen ein Plus von 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ein absolutes Rekordjahr!
Zu den Treibern dieser sehr erfreulichen Entwicklung zählt unter anderem auch die Kreuzfahrt. Reisen auf dem Wasser ist eine Erfolgsgeschichte: Seit 1995 haben wir eine 870%ige Steigerung der Passagierzahlen – und die Tendenz ist weiter steigend. Denn im laufenden Jahr werden wieder neue, noch modernere und teilweise noch größere Schiffe die Werften verlassen. Diese erweitern die Kapazitäten und sind die Antwort auf die ungebrochen hohe Nachfrage.
Als Präsident des DRV habe ich die deutsche Reisewirtschaft als Ganzes im Blick – also sowohl die Belange von Reiseveranstaltern, als auch die Anliegen von Reisemittlern.
Nur wenn es beiden Seiten gut geht, geht es auch der hiesigen Reisewirtschaft gut. Und das ist hier definitiv der Fall. Stationäre Reisebüros erzielen laut Auswertungen der GfK 13 Prozent ihres Umsatzes mit Kreuzfahrten. Auch andersherum gesehen ist die Kooperation ein Erfolg: Der allergrößte Teil der Kreuzfahrten, egal ob auf dem Meer oder auf dem Fluss, wird im Reisebüro gebucht. Die Reisebüros sind der wichtigste Vertriebskanal für Reisen auf dem Wasser.
Meine Damen und Herren, der Markt wächst, der Branche geht es gut. Aber Wachstum hat nicht immer nur positive Auswirkungen. Seit einigen Jahren kennen wir das unter dem Schlagwort „Overtourism“. Dieses Jahr ist das ja auch ein großes Thema hier auf der ITB. Und gerade über Kreuzfahrten wird in diesem Zusammenhang immer wieder diskutiert, weil bestimmte Hafenstädte während der Hochsaison sehr stark frequentiert sind. Lassen Sie mich auch diese Herausforderung einordnen.
Zunächst einmal sind Reisende im Allgemeinen, egal ob Sie mit dem Schiff oder mit dem Flugzeug kommen, immer auch Entwicklungsmotor in den Destinationen. Sie besuchen Sehenswürdigkeiten und Restaurants, kaufen in den Läden vor Ort ein und machen Ausflüge in die Umgebung.
Overtourism ist kein allgemeines Phänomen. Im Gegenteil – Overtourism ist ein an einigen Orten zu bestimmten Zeiten auftretendes lokales Phänomen. Es ist in aller Regel nicht eines der gesamten Umgebung. Hinzu kommt: Jeder Fall ist anders. Kulturhotspots wie Florenz sind betroffen, aber auch Häfen wie Venedig, Metropolen wie Shanghai oder bestimmte Skigebiete in Österreich. Diese Beispiele zeigen schon, dass es kein Patentrezept geben kann, sondern individuelle, passgenaue Lösungen entwickelt werden müssen.
Als Branche sind wir uns der Herausforderung, die unter dem Stichwort "Overtourism“ zusammengefasst werden, bewusst. Es ist unser ureigenes Anliegen die Destinationen so zu erhalten wie sie sind, denn wir wollen zufriedene Kunden. Nachhaltigkeit ist für uns ein entsprechend großes Thema. Klar ist auch, dass für die Bevölkerung in den Destinationen die Vorteile des Tourismus potentielle Belastungen deutlich überwiegen müssen, sonst geht uns ihr Wohlwollen und ihre Gastfreundschaft verloren.
Die Reiseindustrie und die Destinationen entwickeln schon jetzt koordinierte Strategien zum Management der Besucherströme. Reiseveranstalter führen ihre Reisegruppen abseits der Spitzenzeiten an besonders beliebte Orte. Das geht Hand in Hand mit einer intelligenten Ticket- und Preissteuerung und flexiblen Öffnungszeiten – die Berliner Museen machen das vor.
Meine Damen und Herren, „Overtourism“ ist nicht allein eine Herausforderung der deutschen Reisewirtschaft. Es ist eine weltweite Herausforderung, die viele Ursachen hat. Schätzungen zufolge wird alleine der asiatische Quellmarkt bis 2020 für rund ein Drittel des weltweiten Umsatzes auf dem Reisemarkts verantwortlich sein. Das zeigt schon, dass das Phänomen in Zusammenhang mit Megatrends wie der Globalisierung und dem demographischen Wandel eingeordnet werden muss. Und auch die Sharing Economy spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. In Barcelona beispielsweise stellt Airbnb bereits drei Viertel der Unterkünfte. Individualtouristen quartieren sich in Wohngebieten ein und verzerren die Wohnungsmärkte, was zu steigenden Mieten und zu einer Verdrängung der lokalen Bevölkerung aus den Stadtzentren führt. Hier ist eine Steuerung durch die Städte erforderlich.
Bei den organisierten Reisen lässt sich diese Herausforderung durch kluge Steuerung der Tourismusströme in den Griff bekommen. „Entzerrung“, sowohl räumlich und auch zeitlich, ist das Schlagwort. Reisebüros, Reiseveranstalter und die Reedereien können Hand in Hand arbeiten, um Routen zu verlagern, die Nebensaison attraktiver zu machen oder bestimmte Hot-Spots zu weniger üblichen Zeiten anzufahren. Auch die Digitalisierung kann helfen. Für intelligente Apps ist großes Potential vorhanden. Sie können Touristen zum Beispiel minutengenau über aktuelle Besucherfrequenzen von Museen und Sehenswürdigkeiten aber auch über weniger bekannte Ausflugsziele in der Nähe informieren. In diesem Zusammenhang kommt dem Marketing der Destinationen eine immer größere Bedeutung zu.
Mit diesen Ausführungen zu einem der Hauptthemen der diesjährigen ITB möchte ich schließen und übergebe das Wort an Karl J. Pojer, Chairman von CLIA Deutschland.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Über den DRV:
Als Spitzenverband repräsentiert der DRV die Reisewirtschaft in Deutschland und setzt sich vor allem für die Belange von Reiseveranstaltern und Reisemittlern ein. Hinter dem DRV steht eine bedeutende Wirtschaftskraft: Seine Mitglieder repräsentieren den größten Teil des Umsatzes im Reiseveranstalter- und Reisemittlermarkt. Mehrere Tausend Mitgliedsunternehmen, darunter zahlreiche touristische Dienstleister, machen den DRV zu einer starken Gemeinschaft, die die vielfältigen Interessen bündelt – nach dem Motto „Die Reisewirtschaft. Alle Ziele. Eine Stimme.“