Auf innenpolitischen Druck aus Bayern hat das Bundeskabinett die Diskussion über die Aufhebung der weltweiten Reisewarnung vertagt. Aus Sicht des Deutschen Reiseverbandes (DRV) ist es nicht hilfreich, die Entscheidung über differenzierte Reisehinweise weiter aufzuschieben. „Basis für die Diskussion über die Aufhebung von Reisewarnungen sollte das tatsächliche Infektionsgeschehen sein – und nicht innenpolitische Überlegungen. Die Infektionsfälle sind in vielen Zielgebieten Europas auf konstant niedrigem Niveau und das sollte die Entscheidungsgrundlage sein. Die Anzahl der aktiv Infizierten ist im Übrigen in Österreich, Kroatien und Griechenland zusammengenommen geringer als im Bundesland Bayern“, kommentierte der Präsident des Deutschen Reiseverbandes Norbert Fiebig die Entscheidung des Kabinetts.
Stattdessen hat das Bundeskabinett nun die vorige Woche beschlossene freiwillige Gutscheinlösung für Pandemie-bedingt abgesagte Reisen als Gesetzesvorschlag auf den Weg gebracht. „Bei den freiwilligen Gutscheinen drückt die Bundesregierung jetzt plötzlich aufs Tempo. Das täuscht darüber hinweg, dass die eigentlichen Probleme nicht angepackt werden. Was die Reisebranche existentiell bedroht, sind die Liquiditätsengpässe – und dafür gibt es bisher keine Lösung. Nur die Kombination aus freiwilligen Gutscheinen und Kreditfonds kann die Liquidität der Unternehmen sichern. Zudem brauchen wir ein auf Reisebüros und Reiseveranstalter und weitere Dienstleister der Touristik zugeschnittenes Zuschussprogramm, um die enormen, durch die Coronakrise bedingten Verluste zumindest teilweise zu kompensieren. Insolvenzen und der Verlust von vielen Arbeitsplätzen sind sonst vorprogrammiert“, so Norbert Fiebig weiter. „Es stehen mehr als 100.000 Existenzen auf dem Spiel.“
2.300 Reiseveranstalter und 11.000 Reisebüro stecken in der größten Krise der Reisewirtschaft. Sie können Kunden ihre Anzahlungen nicht rückerstatten, weil kein Geld mehr in den Kassen ist. Bekanntermaßen wurde mit der Reisewarnung das komplette Geschäft der Branche auf null gesetzt – und bereits gebuchte Urlaube mussten storniert und rückabgewickelt werden.