- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Damen und Herren,
ein herzliches Willkommen zur diesjährigen ITB. In diesem Jahr habe ich überaus erfreuliche Nachrichten im Gepäck. Denn Urlaub genießt – was die privaten Konsumausgaben betrifft – bei den Deutschen höchste Priorität. Das belegt unsere aktuelle Bilanz des Reisejahres 2017:
Insgesamt wurden laut GfK 155,8 Millionen Urlaube und Privatreisen unternommen, Auslandsreisen verzeichneten dabei ein stärkeres Wachstum als die im Inland.
Für ihre Reisen haben die Deutschen im vergangenen Jahr rund 91 Milliarden Euro ausgegeben – inklusive der Ausgaben vor Ort im Urlaubsland. Immerhin fast 65 Milliarden Euro davon wurden vorab in Deutschland gebucht – ein Rekordplus von über 8 Prozent, so die Auswertungen des Marktforschungsunternehmens GfK und des DRV. In dieser Summe von rund 65 Milliarden Euro sind alle Ausgaben der Deutschen für pauschal und individuell gebuchte Reisen ab einer Übernachtung enthalten.
Diese Summe zeigt eindrucksvoll: Die Deutschen sind mehr gereist und haben auch mehr Geld für ihren Urlaub ausgegeben.
Davon profitiert die deutsche Wirtschaft ebenso wie die verschiedenen Destinationen, in denen der Tourismus als Entwicklungsmotor wirkt.
Was uns als Vertreter der deutschen Reisewirtschaft ganz besonders freut, ist die Tatsache, dass 33,7 Milliarden Euro – also über die Hälfte dieser Ausgaben (52,1 Prozent), auf die organisierte Reise entfallen, also die Pauschal- und -Bausteinangebote der Reiseveranstalter. Der Umsatz ist insgesamt um 8 Prozent gewachsen – Wachstumstreiber waren insbesondere Kreuzfahrten und Auslandsreisen.
Die deutschen Urlauber setzen also in Zeiten der Unsicherheit auf die Sicherheit der organisierten Reise!
Und auch der deutsche Reisevertrieb kann sich freuen: Der Umsatz ist nach unseren Auswertungen hier ebenfalls sehr deutlich gestiegen: im Urlaubs-Segment um 5 Prozent und bei den Geschäftsreisen um 4 Prozent – auf insgesamt über 26 Milliarden Euro.
Seit einigen Jahren beobachten wir eine Verlagerung hin zur Online-Buchung. Der Anteil von online gebuchten Reiseleistungen ist in den vergangenen drei Jahren von 35,5 auf jetzt 40 Prozent gestiegen. Die Mehrheit der Buchungen wird derzeit noch über Offline-Kanäle gebucht. Aus meiner Sicht wird der Wettbewerb der Zukunft aber nicht online oder offline entschieden, auch wenn fast alle im DRV-organisierten Unternehmen auch online unterwegs sind. Relevant ist, ob die Kunden bei Leistungsträgern und Produktportalen buchen und damit also nur Einzelleistungen ohne Beratung und Absicherung kaufen. Oder ob sie auf das komplette Rund-um-Sorglos-Paket der Reiseveranstalter mit An- und Abreise, Unterkunft und Transfers sowie der besseren Absicherung mit einem Krisenmanagement setzen und sich kompetent von Reiseprofis im Reisebüro beraten lassen – ob online oder offline ist dabei nicht von Relevanz.
Kommen wir zu den Trends und den Trendzielen des Jahres 2018:
Der wichtigste Trend des Jahres heißt – das können wir heute schon sagen: Frühbuchen!
Die Vorausbuchungsumsätze für den Sommer liegen im deutschen Reisevertrieb deutlich höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum – genau gesagt, um 18 Prozent höher, wie die GfK ermittelt hat. Grund für diese Entwicklung ist nicht etwa eine Verteuerung der Reisen, sondern die um 16 Prozent gestiegene Nachfrage. Hier sind die sehr hohe Neigung zum Frühbuchen bei den deutschen Urlaubern und auch das aktuell besonders positive Konsumklima und die damit einhergehende höhere Ausgabenbereitschaft zu erkennen.
Diese Entwicklung stimmt uns positiv! So positiv, dass wir für das gesamte Touristikjahr erneut mit einem Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich rechnen.
Was die Zielgebiete betrifft, ist in diesem Jahr das östliche Mittelmeer wieder im Trend: Griechenland ist mit einem starken Umsatzplus derzeit das meistgebuchte Sommerreiseziel der Deutschen – noch vor den Balearen. Die Türkei sieht in diesem Jahr ein Comeback – so viel ist sicher. Aktuell liegen die Umsatzzahlen für Türkei-Buchungen doppelt so hoch wie im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres. Wobei man zur Relativierung sagen muss, dass die alte Stärke der Türkei bislang noch nicht wieder erreicht ist – aber der Trend zeigt sehr deutlich nach oben. Auch Ägypten, Tunesien und Marokko sind klar auf Wachstumskurs. So liegt das Land am Nil anhand des aktuellen Buchungstandes für den Sommer in der Beliebtheitsliste der Deutschen nach Spanien, Griechenland und der Türkei auf Platz 4 – mit einem Umsatzplus von 64 Prozent.
Die USA bleiben auch im Sommer wieder das mit Abstand wichtigste Fernreiseziel aus dem deutschen Markt. Im Reisevertrieb sind jedoch für die Sommersaison 2018 Rückgänge um 20 Prozent bei den Buchungsumsätzen zu verzeichnen, wie die GfK ermittelt hat.
Mobilität nimmt weltweit weiter zu, meine Damen und Herren. Wir steuern international abermals auf ein Rekordjahr des Tourismus zu. Aus immer mehr Ländern reisen die Menschen – nicht nur aus Deutschland heraus, sondern auch insbesondere aus Asien. Das ist gut für die wirtschaftliche Stabilität der Zielgebiete, sorgt aber durch weiter steigende Besucherzahlen auch für eine zunehmende Belastung einiger Destinationen. Das Stichwort lautet Overtourism.
Wir als Branche müssen aufpassen, dass uns das Wohlwollen der Wohnbevölkerung durch zu viele Touristen nicht verloren geht. Denn die Attraktivität eines Zielgebiets lebt maßgeblich auch von seiner Gastfreundschaft. Das erfordert punktuell eine sehr sensible Steuerung. In der Regel geht es hier um ganz bestimmte Zeiträume im Jahres-, Wochen- oder Tagesverlauf, zu denen es richtig voll ist.
Auch die organisierte Reise kann hier eine Steuerungsfunktion übernehmen und zumindest in Teilen für Entzerrung sorgen.
In erster Linie sind jedoch die Destinationen gefordert, regelnd Einfluss zu nehmen. Mit intelligenten Marketingkonzepten lässt sich das Aufkommen an den Hotspots entzerren. Wie das geht, zeigen viele Zielgebiete schon heute. Um einen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen einerseits und dem Attraktivitätsverlust durch zu viele Gäste andererseits zu schaffen, müssen wir alle gemeinsam an Lösungen arbeiten. Auch wir als deutsche Reisebranche nehmen das Thema sehr ernst!
Mein sehr geehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich zum Ende hin noch etwas politisch werden. Mit einer neuen Bundesregierung müssen die drängenden Probleme unserer Branche angefasst und gelöst werden. Eine Tourismus-Strategie trägt dabei einer langjährigen Forderung aus der Branche Rechnung. Allerdings darf sich eine solche Strategie nicht ausschließlich auf den Incoming-Bereich beziehen. Denn, meine Damen und Herren, ein Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt, wie wichtig auch gerade der Outgoing-Bereich ist: Ein Drittel der Reisen der Bundesbürger haben Deutschland zum Ziel. Besonders Bayern und Mecklenburg-Vorpommern stehen hoch im Kurs. Aber zwei Drittel (!) der Reisen der Deutschen gehen ins Ausland – wenn längere Urlaubsreisen und Kurzreisen zusammengezählt werden, sind das über 70 Millionen Auslandsreisen. Diesem Umstand muss die Politik, wenn sie die Tourismus-Strategie mit Leben füllt, unbedingt Rechnung tragen. Ausschließlich mit der Stärkung der Rahmenbedingungen einer nationalen Tourismusförderung ist es künftig nicht getan.
Was ist zu tun? Faire Wettbewerbsbedingungen sind das A und O, um die deutsche Reisewirtschaft im europäischen und internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu halten. Wir brauchen also Entlastungen.
Erstens – Sie kennen das Problem mit der Urlaubssteuer. Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Hotelleistungen. Dabei werden Aufwendungen der Reiseveranstalter für Unterkunftskontingente wie Anlagevermögen behandelt – statt richtigerweise wie Umlaufvermögen. Faktisch wirkt das wie eine Urlaubssteuer, die letztendlich der Kunde zahlt. Hier muss der Gesetzgeber dringend für eine Präzisierung sorgen. Bis es soweit kommt, schwebt diese Hinzurechnung wie ein Damoklesschwert über der Reisebranche. Ein Drittel der deutschen Reiseveranstalter ist überzeugt, zumindest Teile ihres Unternehmens ins Ausland verlagern müssen, wenn sich hier nichts zum Positiven verändert. Das Verstecken der Politik hinter den Gerichten muss endlich aufhören.
Zweitens muss der Gesetzgeber an die Luftverkehrssteuer und die Luftsicherheitsgebühren ran. Der Koalitionsvertrag spricht sich diesbezüglich für faire Rahmenbedingungen aus und das stimmt mich vorsichtig optimistisch. Aber es darf eben jetzt nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben.
Die genannten Steuern, meine Damen und Herren, haben eines gemeinsam: Sie verzerren den Wettbewerb im europäischen und internationalen Vergleich und wirken sich nachteilig auf unsere Branche aus.
Die Tourismuswirtschaft ist eine der Wachstumsbranchen der deutschen Wirtschaft. Sie sichert und schafft Arbeitsplätze und sorgt für umfangreiche zusätzliche Investitionen. Ich erwarte von der neuen Regierung, dass sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so setzt, dass dies auch so bleibt.
Vielen Dank!
Über den DRV:
Als Spitzenverband repräsentiert der DRV die Reisewirtschaft in Deutschland und setzt sich vor allem für die Belange von Reiseveranstaltern und Reisemittlern ein. Hinter dem DRV steht eine bedeutende Wirtschaftskraft: Seine Mitglieder repräsentieren den größten Teil des Umsatzes im Reiseveranstalter- und Reisemittlermarkt. Mehrere Tausend Mitgliedsunternehmen, darunter zahlreiche touristische Dienstleister, machen den DRV zu einer starken Gemeinschaft, die die vielfältigen Interessen bündelt – nach dem Motto „Die Reisewirtschaft. Alle Ziele. Eine Stimme.“