Der Deutsche Reiseverband (DRV) fordert von der Bundesregierung eine Klarstellung: Nachträglich eingearbeitete Vorgaben mit großem Interpretationsspielraum haben bei den Erläuterungen zur Überbrückungshilfe II, die kurz vor Weihnachten mit dem geänderten Punkt 4.16 veröffentlicht wurden, zu Verunsicherung bei Reisebüros und Reiseveranstaltern geführt. Grund für die kurzfristigen, nicht vorab erläuterten Ergänzungen durch die Bundesregierung waren ergänzende Bestimmungen der EU zu beihilferechtlichen Fragen, insbesondere bei der Bemessung von Fördergrenzen.
Doch die kurzfristig erfolgte Neujustierung hat laut DRV neue Probleme mit sich gebracht. Dabei geht es u.a. um die Frage, ob Provisionen und Margen – die gemäß Punkt 13 der Förderbestimmungen Fixkosten sind – auch im Rahmen der Gewinn-und-Verlust-Rechnung als Kostenblock betrachtet werden dürfen. Die Formulierungen in den neuen als FAQ (frequently asked questions) gekennzeichneten Erläuterungen sind hier nicht eindeutig. Würde die Einbeziehung der entgangenen Provisionen und Margen bei den Verlusten nicht möglich sein, käme es aufgrund der Deckelung der Fördermittel zu einer deutlichen finanziellen Verschlechterung besonders bei kleinen und mittelständischen Reisebüros und Reiseveranstaltern. Der Deutsche Reiseverband hat deswegen bereits kurz nach Veröffentlichung dieser Ausführungen – noch im vergangenen Jahr – die Bundesregierung um Klarstellung gebeten. Bislang gab es von der Bundesregierung noch keine schriftliche Erklärung dazu. Dem DRV wurde aber signalisiert, dass der Sachverhalt erkannt und nun geprüft werde. Der DRV kritisiert besonders, dass Reisebüros und Veranstalter, die mit großen Anstrengungen ihre Kosten effektiv senken konnten, nun gegebenenfalls für ihr gutes Wirtschaften „bestraft“ werden könnten.
Der DRV fordert die Bundesregierung auf, hier schnellstmöglich für Klarheit zu sorgen, da die Anträge für die Überbrückungshilfe II nur noch bis Ende Januar gestellt werden können. Die Reisewirtschaft braucht hier für die kleinen und mittelständischen Unternehmen zeitnah eine Sicherheit für die Beantragung und eine zufriedenstellende Lösung. Dass je nach Interpretation des Punktes 4.16 in Not geratene Unternehmen sogar erhaltene Hilfen zurückzahlen müssen, kann politisch nicht gewollt sein und wäre falsch. Gerade bei Veranstaltern und Reisebüros in der Rechtsform der Personengesellschaft wird – da bei den Überbrückungshilfen keine Unternehmerlöhne angesetzt werden dürfen – durch die Begrenzung auf den tatsächlich entstandenen Verlust eine erhebliche Benachteiligung eintreten. Zudem sind die Prozesse für die Antragsstellung zu kompliziert und die Bewilligung langwierig. Die Wirtschaft benötigt hier schnellere Verfahren, damit das Überleben in der Pandemie gesichert wird.
Der DRV macht zudem darauf aufmerksam, dass bei der Überbrückungshilfe III eine Änderung der Fördersystematik zwingend erforderlich ist. Entgangene Provisionen und gesenkte Margen aus stornierten Reisen spielen nach fast einem Jahr Pandemie keine wirkliche Rolle mehr, da kaum Reisebuchungen vorliegen. Deswegen sollten bei der Kalkulation der Förderhöhe die entsprechenden Werte des Jahres 2019 zugrunde gelegt werden. Auch bei der Kompensation der Ausfallkosten für das Jahr 2020 braucht die Reisewirtschaft mehr Klarheit. Der DRV schlägt in diesem Zusammenhang eine Personalkostenpauschale vor, um die Kosten der Mehrarbeit bei Stornierungen und Umbuchungen im Jahresverlauf angemessen kompensieren zu können. Weiterhin unbefriedigend ist die Thematik der Unterstützungsleistungen für verbundene Unternehmen. Nach Ansicht des Verbandes ist es zu begrüßen, dass die Fördersumme kürzlich auf 200.000 Euro erhöht worden ist. Doch noch immer gilt diese Summe für das Einzelreisebüro genauso wie für Unternehmen mit mehreren Büros.
Zudem besteht weiter Unklarheit bezüglich der November- und Dezemberhilfen, da nicht in allen Bundesländern Reisebüros explizit zur Schließung aufgefordert wurden und somit oft unklar ist, ob Reisebüros mittelbar oder unmittelbar von dem neuen Lockdown betroffen sind und die entsprechenden Sonder-Hilfen beantragen können.