Der Reisemarkt verändert sich durch die Auswirkungen der Pandemie und aufgrund geopolitischer Entwicklungen derzeit grundlegend: steigende Preise, fehlende Fachkräfte, zunehmender Einfluss der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz sowie Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind nur einige Herausforderungen, die die gesamte Branche und auch den Reisevertrieb beeinflussen. Welchen Einfluss diese Veränderungen auf den Reisevertrieb haben, zeigt der Vertrieb im Deutschen Reiseverband (DRV) beim diesjährigen Reisebürotag auf. Im Mittelpunkt des digitalen Erfahrungsaustausches unter dem Motto „Fit für die Zukunft“: Best-Practices und beispielhafte Ideen für die skizzierten Zukunftsthemen. „Diese Veränderungsprozesse begleiten wir aktiv und lösungsorientiert – unter anderem mit dieser Veranstaltung“, heben die DRV-Vertriebsvorstände Ralf Hieke und Markus Orth zum Auftakt die Rolle des Branchenverbandes hervor: „Gestalten, Lösungsansätze und Perspektiven für den Vertrieb aufzeigen, das ist unser Weg. Machen statt lamentieren.“
Der Großteil des stationären Vertriebs sei wirtschaftlich gut durch die Pandemie-Zeit gekommen – auch durch die staatlichen Unterstützungsleistungen. Trotz der guten Umsatzentwicklung der vergangenen Monate und der vielversprechenden Vorausbuchungen für die Sommersaison dürfe es aber jetzt kein Zurücklehnen geben, so Orth, der im DRV die kettengebundenen Reisebüros vertritt. Nach der Krise breche nun die Zeit ohne externe Hilfe an: „Das Geschäft müssen wir jetzt wieder alleine stemmen. Und zwar aktiv und mit aller Kraft. Trotz einiger Unkenrufe gibt es für den Sommer noch Reisen zu verkaufen, die Regale sind noch nicht leergefegt. Überlassen wir das Kurzfristgeschäft nicht allein dem Online-Vertrieb.“ Ralf Hieke, der im DRV die mittelständischen Reisemittler vertritt, ergänzt: „Die Botschaft muss lauten: wer im Sommer noch weg will, kommt auch in den Urlaub.“
Die Herausforderungen seien für alle Marktteilnehmer gleich: Gestiegene Preise und fehlendes Fachpersonal erschweren den Verkauf an die Kunden, so Hieke. Die Beschäftigtenzahl ist in den vergangenen Jahren in der Branche stark eingebrochen, bei Reisebüros sogar stärker als bei Reiseveranstaltern. Die Ausbildungs- und Studierendenzahlen sind ebenfalls alarmierend zurückgegangen. Viele Menschen haben der Branche während der Pandemie den Rücken gekehrt, viele Schulabgänger haben den Tourismus gar nicht als Arbeitgeber auf dem Schirm. „Auf der anderen Seite sehen wir den Nachholbedarf der Menschen, die wieder reisen wollen“, erläutert Hieke. Als entscheidende Faktoren damit das stationäre Reisebüro auch künftig als wichtiger Vertriebskanal erfolgreich am Markt bestehen kann, sehen Hieke und Orth das kreative Zusammenspiel von Mensch und Technik. „Ohne Menschen geht es nicht. Wir brauchen für das emotionale Gut Reisen kompetente und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Reisebürotag liefert zahlreiche Ideen, wie Büros Fachkräfte finden und binden können“, so Hieke. „Künstliche Intelligenz und ChatGPT nicht als Bedrohung zu sehen, sondern diese neuen Möglichkeiten genauso wie andere digitale Tools als Unterstützung und zur Prozessoptimierung zu verstehen, das wollen wir beim Reisebürotag zeigen“, ergänzt Orth. „Die Digitalisierung hat längst flächendeckend Einzug gehalten, jetzt gilt es KI als weiteren Baustein noch stärker in den Reisevertrieb zu integrieren.“
Reisen auch in Zukunft zu verkaufen – das muss das Ziel sein bei der dritten großen Herausforderung für die Zukunft: Nachhaltigkeit und Klimaschutz. DRV-Vizepräsident Hieke betont die wichtige Rolle der Reisebüros bei der Beratung hin zu nachhaltigerem Reisen: „Der CO2-Fußabdruck wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor bei Reisen. Mit den Ergebnissen von KlimaLink zum einheitlichen Klimafußabdruck über die gesamte Reise sind wir auf einem sehr guten Weg und schaffen Transparenz. So kann die bewusste Entscheidung für die klimaschonendere Reise leichter getroffen werden.“ Nachhaltigkeit ist aber nicht nur Klimaschutz, so Hieke: „Nachhaltigkeit besteht aus einem Dreiklang von ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten. Wir haben auch eine soziale Verantwortung in den Zielgebieten.“ Tourismus sorgt gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern für wirtschaftliche und somit für gesellschaftliche Stabilität. „Insgesamt bewirken Reisen und Tourismus sehr viel Gutes in der Welt und sie bereichern unser Leben.“