Die Lage in der Reisewirtschaft bleibt trotz steigendem Reiseaufkommens weiter angespannt. Immer noch prägen hohe Umsatzverluste das Geschäft von Reisebüros, Reiseveranstaltern und allen anderen Unternehmen in der Touristik. Die Unternehmen erwarten bereits nächstes Jahr eine deutliche Erholung - die Mehrheit (fast 60 Prozent) der Befragten gab aber an, dass sie das Umsatzniveau des Vor-Corona-Jahres 2019 erst 2023 erreichen werden. Rund ein Drittel der Befragten erwartet dies erst 2024. Das geht aus dem aktuellen Branchencheck hervor, den der Deutsche Reiseverband (DRV) jetzt anlässlich seiner Jahrestagung in Griechenland vorgestellt hat. „Dieses Stimmungsbild zeigt deutlich, dass die Krise für die Reisewirtschaft noch nicht überstanden ist“, sagt DRV-Präsident Norbert Fiebig.
Die Unterstützung der Politik hat der Mehrheit geholfen
Einig ist sich die überwältigende Mehrzahl der befragten Unternehmen bei der Frage, ob die wirtschaftlichen Hilfen der Politik bei der Existenzsicherung während der Pandemie geholfen haben. Rund 90 Prozent der Reiseveranstalter und Reisebüros stimmen dieser Aussage zu. Bei den sonstigen Unternehmen der Reisewirtschaft – etwa Reservierungssysteme, Reiseversicherungen oder IT-Anbieter – sind es mit 70 Prozent etwas weniger. „Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen haben wesentlich zum Überleben der Unternehmen in der Krisenzeit beigetragen“, sagt DRV-Präsident Norbert Fiebig. Auch die Möglichkeit der Kurzarbeit zeigte positive Effekte: Knapp zwei Drittel der Befragten geben an, dass sie im Laufe der Pandemie keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen mussten. Allerdings sagt mehr als die Hälfte, dass sich zahlreiche Mitarbeitende entschieden haben, die jeweiligen Unternehmen oder die Branche ganz zu verlassen.
Fachkräftemangel hat durch die Pandemie zugenommen
Somit hat sich nach Einschätzung der Branchenunternehmen der Fachkräftemangel während der Pandemie verschärft: 70 Prozent der Befragten sehen dies so. Rund zwei Drittel der Befragten gab an, für das gerade begonnene Ausbildungsjahr keinen Ausbildungsplatz angeboten zu haben – bei den Reisebüros waren es sogar 72 Prozent. Etwas zuversichtlicher, aber trotzdem noch gebremst, zeigt sich die Branche, dass sie in einem Jahr wieder Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen wird. Rund die Hälfte aller Unternehmen erwartet dies.
Die Corona-Pandemie hat nicht nur wirtschaftliche Auswirkungen, auch der Arbeitsalltag und die Kundenberatung haben sich geändert. Der DRV-Branchencheck hat ergeben, dass die meisten Firmen flexiblere Arbeitszeiten und neue Möglichkeiten geschaffen haben, im Home Office oder mobil zu arbeiten. Diese werden demnach auch weiterhin beibehalten werden.
Nachhaltigkeit wird wichtiger – Nachfrage hinkt noch hinterher
Bei der Frage, ob es künftig Veränderungen bezüglich der Nachfrage nach nachhaltigen, klimaschonenden Reiseangeboten geben wird, ist die Reisewirtschaft noch unterschiedlicher Meinung: Rund 55 Prozent der befragten Reiseveranstalter rechnen mit einem Anstieg der Nachfrage. Die Reisebüros sind hier zurückhaltender – lediglich ein Drittel glaubt, dass die Nachfrage nach grünen Reisen in den kommenden Jahren steigen wird.
Einig waren sich alle befragten Unternehmen bei der Frage, ob Kunden bereits in diesem Jahr mehr nahhaltige Reisen gebucht haben: Die Mehrheit stimmte dieser Aussage nicht zu. „Aktuell sehen wir nach wie vor noch eine starke Diskrepanz zwischen dem häufig geäußerten Wunsch nachhaltig zu reisen und der tatsächlichen Buchungsentscheidung des Kunden“, so DRV-Präsident Norbert Fiebig.
An der Umfrage des DRV-Branchenchecks beteiligten sich Mitte Oktober 2021 über 550 Unternehmen aus der Reisewirtschaft.