Die Coronakrise trifft den internationalen Tourismus wie kaum eine andere Branche. Das gilt ganz besonders für Schwellen- und Entwicklungsländer, wo oft ein beträchtlicher Teil des BIP durch den Tourismus erwirtschaftet wird. Das Gastgewerbe in Tunesien ist besonders hart getroffen. Der DRV hat dank seines Büros in Tunis Einblicke in die Lage vor Ort.
„Corona ist eine wirtschaftliche Katastrophe für Tunesien, wo der Tourismus rund 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht“, sagt Chafi Mrouki, der das Büro des Deutschen Reiseverbandes (DRV) in Tunesien leitet. Der Tourismussektor war gerade dabei, sich von dem Einbruch der Besucherzahlen nach den terroristischen Anschlägen in den Jahren 2014-2015 zu erholen. Nun bleiben die internationalen Gäste wegen Corona weg.
Der Alltag in Tunesien ist von starken Eingriffen in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben geprägt. Der Flugverkehr ist ausgesetzt, Restaurants, Geschäfte und Hotels sind größtenteils noch geschlossen. Seit dem 4. Mai gibt es vorsichtige Lockerungen, aber nach wie vor gibt es eine polizeilich kontrollierte Ausgangssperre. Wer sich zwischen 20 Uhr und 6 Uhr ohne triftigen Grund außerhalb der eigenen vier Wände aufhält, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.
In Tunesien sind rund 400.000 Menschen im Tourismus beschäftigt, viele davon bangen jetzt um ihren Arbeitsplatz. Insgesamt gibt es fast 1.300 Reisebüros in Tunesien. Prognosen gehen davon aus, dass davon rund 60 Prozent schließen müssen, wenn es für einen Zeitraum von sechs bis acht Monate keine finanzielle Unterstützung gibt. Vor Ort arbeitet der DRV mit der Reisebüroorganisation Fédération tunisienne des agences de voyages et de tourisme (FTAV) zusammen. Die FTAV schätzt die Verluste der Reisebüros bisher auf rund 20 Millionen Dinars, was etwa 6,3 Millionen Euro entspricht.
Gleichzeitig zeigt sich die Tourismusbranche auf außergewöhnliche Art solidarisch. In allen Regionen des Landes haben Hoteliers ihre Türen geöffnet, um Ärzteteams zu beherbergen und aus dem Ausland zurückgekehrte Mitbürger aufzunehmen, die vorübergehend in Quarantäne müssen. Über 6.000 Zimmer wurden so spontan zur Verfügung gestellt.
Trotz der großen Herausforderungen blickt das Land nach vorne: Das nationale Tourismusbüro (ONTT) arbeitet aktuell an einem Hygieneprotokoll, um im Gastgewerbe einheitliche Hygiene- und Sicherheitsstandards zu etablieren. So erhofft sich das Land, schnell wieder attraktiv für Touristen zu sein, sobald es zu ersten Lockerungen auf dem internationalen Reisemarkt kommt.