Die Position des EU-Ministerrats zur europäischen Sammelklage gibt Anlass zur Sorge. Sie sieht bisher nicht genügend Sicherheitsmechanismen vor, um missbräuchliche Klagen auszuschließen. Damit droht eine regelrechte Klageindustrie. Die Reisewirtschaft fordert, für ausreichenden Schutz der Unternehmen zu sorgen. Aktuell laufen in Brüssel die Trilogverhandlungen, bei denen sich Parlament, Ministerrat und Kommission auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen müssen.
Wer darf sich zum Kläger aufschwingen? Das Europäische Parlament gibt auf diese zentrale Frage eine besonnene Antwort. So soll ad-hoc gegründeten Einrichtungen eine Klagebefugnis verweigert werden. Darüber hinaus sind bestimmte Transparenzanforderungen einzuhalten, die zum Beispiel die Finanzierung offenlegen. Zudem sind Interessenkonflikte auszuschließen. Auf diese Weise soll die Seriosität der Sammelklage sichergestellt werden.
Klagerecht bei Verbraucherschützern richtig platziert
Das zielt in die richtige Richtung. Denn solche grundlegenden Kriterien können verhindern, dass beispielsweise private Schadenregulierer Unternehmen
profitorientiert mit missbräuchlichen Ansprüchen überziehen. Nur ganz bestimmte Institutionen wie Verbraucherverbände sollten das Klagerecht erhalten. Unverständlich, dass der Rat eine entsprechende Positionierung vermissen lässt.
Bedenklich ist zudem, dass sich Verbraucher auch bereits laufenden Verfahren nachträglich anschließen können. Dadurch können Sammelklagen zum unkalkulierbaren Kostenrisiko werden. Nach jetzigem Beratungsstand ist es sogar möglich, dass Verbraucher an mehreren ähnlichen Verfahren gegen ein und dasselbe Unternehmen in verschiedenen Mitgliedstaaten teilnehmen und so mehrmals eine Kompensation erhalten können. Dass Ansprüche in verschiedenen EU-Staaten mehrfach geltend gemacht werden können, muss das Gesetz zwingend ausschließen.
Bundesregierung gefordert
Die Pläne zur Einführung einer europäischen Sammelklage sind Teil des Gesetzespakets „New Deal for Consumers“, das die Europäische Kommission
2018 vorgestellt hat. Es handelt sich um eine Richtlinie, die von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss. Beobachter rechnen mit einer Beschlussfassung noch während der Kroatischen Ratspräsidentschaft – also noch in der ersten Jahreshälfte 2020. Die Bundesregierung hat mehrfach
darauf hingewiesen, dass sie die bestehenden Instrumente zur kollektiven Durchsetzung von Verbraucherinteressen für ausreichend hält. Diese Position sollte sie auf EU-Ebene beibehalten, um eine Klageindustrie abzuwenden.